Tipps für gelingende Gespräche in der Paarbeziehung
Einleitung
Tipp 1 – im Gespräch bleiben
Tipp 2 – sich vom Gedanken lösen, die Dinge objektiv zu sehen
Tipp 3 – Störungen und Kritik konstruktiv ansprechen
Tipp 4 – konstruktiv mit Kritik umgehen
Tipp 5 – Positives ansprechen!
Tipp 6 – das aktive mitfühlende Zuhören pflegen
Tipp 7 – den Schuldkreislauf vermeiden
Tipp 8 – Gewinner-Verlierer Spiele vermeiden
Fazit
Anregung für das Lesen dieses Artikels: Wenn Sie diesen
oder andere Artikel über Paartherapie lesen, empfiehlt es sich, den Artikel
gemeinsam mit dem Partner zu lesen oder zu besprechen. Andernfalls kann es
leicht dazu kommen, dass Ihr Partner Widerstände gegenüber Ihren Vorschlägen
entwickelt. Bereits die gemeinsame Beschäftigung damit, wie Sie zukünftig
miteinander reden wollen, kann ein Stück Gemeinsamkeit herstellen. Wenn Sie
sich dagegen alleine mit neuen Wegen für das Miteinander beschäftigen und
Ihrerseits Vorschläge einbringen, geraten Sie leicht in eine Art
Therapeutenrolle gegenüber Ihrem Partner.
Dieser Artikel soll Paaren, die
festgestellt haben, dass ihr Zusammenleben nicht mehr wie gewünscht klappt,
erste Hilfen bieten. Der Artikel kann und will keine Paartherapie ersetzen. Bei
schwierigen und festgefahrenen Situationen sollte Sie jemand von außen mit
Übersicht und Augenmaß unterstützen. Oft aber scheuen Paare den Weg zur
Paartherapie oder haben sonstige Gründe, nicht zu einer Therapie zu gehen. Der
Artikel will diesen Paaren ein wenig Orientierung für gelingende Gespräche geben.
Damit sich dieser Artikel fließender liest,
habe ich auf die Formulierung Partner/Partnerin verzichtet und deshalb
lediglich Partner geschrieben. Natürlich beziehen sich aber die Ausführungen
stets auf beide Geschlechter.
Einleitung
Es gibt viele Gründe für Spannungen und
Probleme in Partnerschaft und Beziehung. Die meisten Probleme ließen sich lösen, wenn
die Beteiligten früher miteinander reden würden, statt stumm auszuhalten. Aber
auch wenn ein Paar sich zum Besprechen der Spannungen entscheidet, kann es zu
Komplikationen kommen. Häufig entsteht Kampf statt Miteinander im Gespräch.
Dieser Aufsatz soll ermutigen, Probleme
offen und klar anzusprechen und Wege aufzeigen, wie aus dem Gespräch ein
Miteinander statt ein Gewinner- und Verliererspiel wird. Damit aus den kleinen
Problemen im Alltag keine großen Baustellen mit überschäumender Emotion werden.
Das ist natürlich mit etwas Arbeit verbunden. Doch diese Arbeit lohnt sich.
Sie erfahren hier zunächst etwas über die
typischen „Spiele“ zwischen Paaren, die Spannungen erzeugen oder vergrößern. Anschließend
zeige ich Ihnen Möglichkeiten auf, diese zu vermeiden.
Die typischen „Spiele“ zwischen Paaren,
durch die sich auch kleine Probleme aufschaukeln:
Probleme, Spannungen und Streitigkeiten
sind in einer Partnerschaft nahezu unausweichlich. Ob daraus unüberbrückbare
Barrieren entstehen, oder eventuell sogar eine Vertiefung der Beziehung, hängt
zumindest stark von der Art der gemeinsamen Gesprächsführung ab. Viele Paare
haben nach dem Abklingen der ersten von Harmonie erfüllten Phase das eine oder
andere destruktive Gesprächsspiel entwickelt. Ein erster Schritt besteht
deshalb darin, die Spiele in Ihrer Beziehung zu durchschauen und zu verändern.
Hier einige Beispiele für solche destruktiven „Spiele“:
- Spannungen totschweigen
und aussitzen. Hierdurch werden häufig aus Mücken Elefanten. Man erwartet, dass
der Partner sein „Fehlverhalten“ erkennt. Resultat: die nicht erfüllte
Erwartung schaukelt die Emotionen auf und äußert sich in gereiztem Verhalten
oder Resignation.
- Bei Gesprächen nur
zum Schein zuhören und verstehen. Stattdessen die Äußerungen des Partners
widerlegen und die eigene Sicht durchsetzen, in der Überzeugung „Meine Sicht
ist die richtige“.
- Kritik mit subtilen
Verletzungen, Abwertungen und Anklagen versehen (nach der Devise „Jetzt gebe
ich es dir mal“). Reaktion: der Partner geht in eine Verteidigungshaltung und
„schießt“ zurück, statt sich auf Sie einzustellen und Sie verstehen zu wollen.
Gegenseitige emotionale Verletzungen sind das Resultat.
- Das Spiel „Wer hat
angefangen, wer hat Schuld?“ Das Motiv, die Schuldfrage zu klären, ist eines
der häufigsten, aber auch verfänglichsten Motive in der Paarbeziehung. Doch
Achtung: so einfach ist es nicht. Meist haben beide ihre unterschiedliche Sicht
auf die Dinge. Das Opfer/Täter-Spiel „Ich bin das Opfer und du der böse Täter“
führt nicht wirklich zu nachhaltigen Lösungen.
Machen Sie sich deshalb mit dem Gedanken vertraut, dass auch
Sie in irgendeiner Form zum Entstehen des Problems beigetragen haben.
Ansonsten entsteht ein mitunter aggressiver Kampf um die Fragen „Wer hat Recht,
wer hat angefangen, wer hat Schuld“. Entscheidender und hilfreicher wären z.B.
die Fragen „Wie kommen wir da wieder raus? Was können wir ändern“? Es gilt, die
Sichtweise des Partners zu verstehen und gemeinsam zu einer konstruktiven
Lösung zu gelangen.
- Jede Kritik
abwehren. Dieses Verhalten führt beim Gesprächspartner leicht zu Aggression
oder Resignation. Und man beraubt sich selbst der Chancen auf sinnvolle
Veränderungen.
- Fokussierung auf
kritische Aspekte, Fehler und Spannungen, statt auch oder besonders die
positiven Aspekte der Beziehung und des Partners zu erkennen und zu benennen.
- Überzogene
Erwartungen an den Partner. Wenn Sie dem Partner eine idealisierte Rolle und
unerfüllbare Aufgaben übertragen, ist Scheitern vorprogrammiert. Eine solche
überzogene Erwartung wäre z.B., dass Ihr Partner so wird, wie Sie sich den
optimalen Partner vorstellen. Dazu müsste er seine Bedürfnisse stets Ihren
unterordnen. Natürlich sollte Ihr Partner Ihre Bedürfnisse und Emotionen berücksichtigen
und diese bei seinem Verhalten beachten. Letztendlich aber wünschen Sie sich
vermutlich auch einen authentischen Menschen an Ihrer Seite, mit Ecken und
Kanten – sofern diese nicht zu massiv sind.
Tipps und Anregungen für ein konstruktives
Zusammenleben in der Paar-Beziehung:
Wie können aber Streitgespräche zum guten
Ende kommen, wie können Spannungen evtl. sogar zu einer Verbesserung der
Beziehung führen und das Miteinander stärken?
1
Miteinander im Gespräch bleiben,
besonders bei Spannungen und Problemen
Miteinander reden ist allgemein für die
Beziehung sehr wichtig, um ein Auseinanderleben zu vermeiden. Hiermit ist
natürlich nicht der regelmäßige Austausch über den Speiseplan und Ähnliches
gemeint, sondern das echte Interesse und Neugier am Partner, Verständnis und
Mitgefühl für dessen Alltagssorgen. Und besonders natürlich die permanente
Pflege dessen, was das Wir ausmacht.
Dennoch gehen diese intensiven Kontakte und
Verbindungen bei vielen Paaren mit der Zeit verloren. Man entwickelt unbemerkt
eine „Kultur“ des nebeneinander her Lebens. Dieser Prozess ist meist
schleichend und geschieht unbemerkt.
Hilfreich zur Erhaltung des Miteinanders ist
die Pflege gemeinsamer Interessen, geplante Termine miteinander, Rituale,
regelmäßige Gespräche, aber natürlich auch Zeit für die Zweisamkeit. Wenn diese
gemeinsamen Zeiten nicht eingeplant werden, gehen sie meist zu Gunsten von
oberflächlich gesehen „Wichtigerem“ unter.
Besonders wichtig werden gemeinsame
Gespräche, wenn Spannungen und Probleme auftreten. Viele Paare gehen jedoch
genau dieser Gesprächssituation aus dem Weg und hoffen, dass es sich von selbst
wieder einpendelt. Das Gegenteil ist aber meist der Fall: es verschlimmert
sich. Da man die Dinge nicht anspricht, aber davon ausgeht, dass der Partner
doch merken muss, um was es geht, häufen sich immer mehr „Minuspunkte“ des
Gegenübers an, bis es irgendwann zum überzogenen Ausbruch der Emotionen kommt.
Es gibt unterschiedliche Gründe dafür,
Probleme, Spannungen und Konflikte nicht anzusprechen, z.B. Bequemlichkeit oder
Angst vor Spannungen. Vermeidung erscheint als die bessere Lösung. Sie birgt jedoch
die Gefahr dafür, dass die Beziehung langsam, schleichend und unbemerkt versandet.
Allerdings muss auch nicht alles
angesprochen werden. So manches Paar hat sich zu eigen gemacht, jede kleine
Befindlichkeitsstörung „auf den Tisch“ zu bringen und alles auszudiskutieren. Oft
ist dann die Folge, dass es nur noch anstrengend ist und Leichtigkeit und der
Blick für das Schöne in der Beziehung verloren gehen.
Als kleine Daumenregel könnte man sagen: sprich
das an, was Dir wirklich wichtig ist. Was liegt Dir wirklich am Herzen? Was hat
negative Auswirkungen auf dein Wohlbefinden in der Beziehung? Es geht
schließlich nicht darum, sich den Partner zurecht zu schnitzen und den
Idealpartner zu kreieren oder gar einen anderen Menschen aus ihm zu machen. So
manchen kleinen Fehler oder so manche „Besonderheit“ oder die eine oder andere
Schwäche des Partners wird man tolerieren müssen, damit der Partner noch er
selbst bleiben kann. Hier ist die Gratwanderung gefragt.
2
Lösen Sie sich von dem Gedanken,
dass Sie die Dinge objektiv sehen
Beide Seiten sehen die Dinge und Geschehnis
subjektiv, durch die eigene „Brille“. Was dem einen wichtig war, erscheint dem
anderen als nebensächlich. Was den einen verletzt, erscheint dem anderen als
Banalität. Die Suche nach der „richtigen“ Sicht stellt bereits selbst eine
große Gefahr für die Beziehung dar, weil sich hierbei erfahrungsgemäß die
Fronten verhärten und es im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Kampf um die
Frage, wer es denn richtig sieht, kommen kann.
Vermeiden Sie deshalb, die richtige Sicht
herausfinden zu wollen oder Ihrem Partner Ihre Sichtweise „aufs Auge“ drücken
zu wollen. Recht behalten wollen ist zwar menschlich, kann aber eine Beziehung
zerstören. Erleben Sie das Gespräch stattdessen als Chance, die Sicht des
Partners zu erkunden und ihm die eigene Perspektive vorzustellen. Alleine das
kann zu einer deutlichen Verringerung der Spannungen führen und zu
gegenseitigem Verständnis führen. Seien Sie neugierig auf die Sicht des
Partners. Wenn Sie ein Stück weit in die Perspektive des Partners einsteigen
und diese verstehen und umgekehrt, werden beide sich gesehen und verstanden
fühlen. Allein dies ist ein wichtiger Beitrag zu einer guten Beziehung.
3
Sprechen Sie Störungen und Kritik konstruktiv
an
Häufig werden nötige klärende Gespräche in
der Partnerschaft vermieden, weil man befürchtet, dass es dadurch zum „Knall“
kommt. Wie aber lässt sich dieser Knall vermeiden? Wie kann man Störungen,
Kritik, Spannungen so ansprechen, dass das Gespräch letztlich zu einer
Verbesserung der Beziehung führt?
Hier ein paar Tipps, wie Sie Störungen
konstruktiv ansprechen können:
- Stellen Sie sich
vor dem Gespräch die Frage, ob das Störende tatsächlich wert ist, angesprochen
zu werden. Verletzt es Sie? Schränkt es Sie ein? Hat es negative Auswirkungen
auf Sie, Ihre Gefühle? Welches wichtige Bedürfnis ist nicht erfüllt und ist es
wirklich die Aufgabe Ihres Partners, dieses zu erfüllen? Oder ist es eher Ihr heimliches
Ziel, den Partner nach Ihren Vorstellungen zu „gestalten“? Oder handelt es sich
vielleicht um einen weniger bedeutenden Kritikpunkt, den Sie mit ein wenig
Toleranz akzeptieren könnten? In den beiden letzten Fällen ist es fraglich, ob
die Kritik sinnvoll ist, oder eher als Nörgeln aufgefasst wird.
- Sprechen Sie
konkrete Beobachtungen und Wahrnehmungen an, sachlich und objektiv. Verzichten
Sie auf Interpretationen (wie z.B. was hat sich Ihrer Meinung nach der andere
dabei gedacht, was hat er gefühlt und beabsichtigt usw. Denn das wissen Sie nicht).
Verzichten Sie vor allem auf Zuschreibungen, allgemeine Aussagen über
die Persönlichkeit des Partners, Abwertungen, Beurteilungen,
Persönlichkeitsanalysen und ähnliches („Du bist …“). Denn diese provozieren
nahezu den Widerstand des Partners und verschlechtern fast immer das Klima. Ebenso
schädlich für die Gesprächsatmosphäre sind Verallgemeinerungen wie „immer“, „nie“
und ähnliche („Du räumst nie auf …“). Beziehen Sie sich stattdessen auf
zeitnahe Ereignisse („Du hast heute die vereinbarten Einkäufe nicht erledigt“).
- Schildern Sie anschließend
die negativen Auswirkungen auf Sie in Form einer Ich-Aussage („Ich fühle mich…,
mir geht es …, das hat zur Folge“ usw.). Die Ich-Aussage ist sehr wichtig, da
Sie dadurch einen persönlichen Angriff (der stets die Gefahr eines
Gegenangriffs mit sich bringt) vermeiden und vor allem Betroffenheit
beim Partner auslösen!
- Formulieren Sie
anschließend Ihren Wunsch, Ihr Bedürfnis oder Ihre Bitte (Bsp.: „Ich wünsche
mir, dass Du mehr Zeit mit mir verbringst“).
- Seien Sie seien Sie
offen für Alternativvorschläge Ihres Partners.
Auch wenn Ihr Partner Ihrer Bitte nicht
nachkommen will und die Dinge ganz anders sieht, hatte das Gespräch seinen Sinn
und trägt erfahrungsgemäß zu einer Verbesserung der Beziehung bei. Denn die
beiden Standpunkte und die unterschiedlichen Bedürfnisse sind nun zumindest
klar. Und auf dieser Basis können Sie mit Ihrem Partner nach Lösungen und Wegen
suchen, wie das Zusammenleben in Zukunft besser gestaltet werden kann.
Wenn diese Form der Gesprächsführung allgemein
üblich wäre, könnten viele Paare vermutlich deutlich glücklicher miteinander
leben und die Trennungsquote wäre vermutlich geringer.
Manchmal allerdings ist es auch adäquat,
seinem Ärger und seiner Wut Luft zu machen.
Wenn Sie z.B. sehr gekränkt sind und Ihre Kränkung mit einem sanften
Lächeln zum Ausdruck bringen, kann dies bei Ihrem Gegenüber dazu führen, dass
Ihre „Beschwerde“ nicht ernst genommen wird. Manchmal wird Ihr Verhalten dann
sogar als überheblich interpretiert. Zumindest wirken Sie nicht besonders
authentisch.
Wenn Sie Ihren Ärger in Form einer
vehementen Ich-Botschaft zum Ausdruck bringen (Bsp.: „Ich bin so was von
sauer“) verletzen Sie niemanden damit. Den eigenen Ärger mal rauslassen kann
Platz schaffen für Versöhnliches. Dies sollte allerdings nicht die
Standardmethode sein. Und Sie sollten dieses Vorgehen auch Ihrem Partner
zugestehen.
Tipp: machen Sie Ihrer ersten Aggressionswelle
bereits vor dem Gespräch, solange Sie alleine sind, Luft.
4
Gehen Sie konstruktiv mit Kritik um
Natürlich wird es auch vorkommen, dass Sie
selbst kritisiert werden, ein Feedback erhalten oder auf Schwachstellen
hingewiesen werden. Dann ist es wichtig, konstruktiv mit dieser Kritik
umzugehen. Oft jedoch wird Kritik abgewehrt, z.B. weil diese nicht mit dem
persönlichen Selbstbild übereinstimmt, als ungerecht erlebt wird oder als
Abwertung der eigenen Persönlichkeit aufgefasst wird. Als hilfreich zum konstruktiven
Umgang mit Kritik hat sich folgende innere Haltung erwiesen:
- Gehen Sie neugierig
mit Kritik um. Feedback ergänzt Ihr Selbstbild um das Fremdbild und lässt Sie
neue Aspekte Ihrer Persönlichkeit erkennen. Und selbst wenn der kritisierte
Aspekt so gar nicht mit Ihrer Wahrnehmung und Ihrem Erleben übereinstimmt:
geben Sie der anderen Perspektive eine Chance. Oft erkennen Sie mit etwas
zeitlichem Abstand den hilfreichen Aspekt, der in dem Feedback steckt. Sehen
Sie Kritik also als Chance an, als Chance zur Selbsterkenntnis.
Anregung: Wenn Sie von dem Feedback emotional getroffen
sind, gönnen Sie sich ein wenig Bedenkzeit. Mit ein wenig zeitlichem Abstand
kommt die erste Aufregung oder Aggression zur Ruhe und Sie können konstruktiv
reagieren. Oft ist es sogar so, dass Sie erst nach einer Weile den berechtigten
Kern der Kritik, der vielleicht nicht ganz glücklich formuliert war, erkennen.
- Führen Sie sich vor
Augen, dass der kritisierte Punkt sich auf eine Ihrer Verhaltensweisen bezieht,
und nicht auf Ihre Persönlichkeit. Außerdem handelt es sich um die Einzelmeinung
Ihres Partners. Dieser Mensch ist zwar sehr bedeutend in Ihrem Leben, dennoch
ist seine Sicht zunächst eine Einzelmeinung.
- Sagen Sie Ja zu
sich selbst und gestehen sich Fehler zu: „Auch ich darf Schwächen haben
und Fehler machen“. Dieses Zugeständnis an sich selbst ist die wichtigste
Voraussetzung zum konstruktiven Umgang mit Kritik und ermöglicht persönliche Veränderung
und Entwicklung.
- Werden Sie sich
darüber bewusst, was Sie bei Kritik hören. Wenn Sie eine generelle Abwertung
Ihrer Person hören, versuchen Sie einmal andere Hör-Perspektiven: Wenn Sie ganz
objektiv sind, was spricht ihr Partner in der Sache an? Vielleicht sagt er nur,
dass Sie den Müll nicht in den Keller gebracht haben und nicht, dass Sie ein
unordentlicher Mensch sind. Meist werden Sie bereits dann viel entspannter und
offener mit Kritik umgehen, auch wenn die Kritik etwas heftig formuliert ist. Oder
versuchen Sie herauszuhören, was Ihr Partner mit der Kritik über sich selbst
aussagt. Vielleicht will er Ihnen sagen, dass er momentan total überfordert
ist. Dann fällt eine konstruktive Antwort deutlich leichter und Sie ersparen
sich und Ihrem Partner ein wohlmöglich abendfüllendes Streitgespräch.
Oft passiert es auch, dass ein Gesprächspartner eine Verletztheit in
einem persönlichen Angriff „verpackt“. Versuchen Sie die Verletztheit hinter
dem persönlichen Angriff zu erkennen. Diese Sichtweise ermöglicht Ihnen, selbst
mit einem persönlichen Angriff ein paar Prozentpunkte leichter umzugehen. Auch
wenn Ihr Partner den Bogen überspannt, können Sie sich mit dieser inneren
Haltung deutlich gelassener und konstruktiver gegen den Angriff verwehren und die
vielleicht manchmal erforderlichen Grenzen zu setzen. Denn bei allem
Wohlwollen: Niemand hat die Aufgabe, zum emotionalen Mülleimer des Partners zu
werden.
5
Sprechen Sie auch oder vor allem
Positives an
Auch wenn in diesem Artikel den Themen Spannungen
und Kritik der meiste Raum zukommt, soll dies nicht bedeuten, dass in einer
Beziehung vorrangig negative Punkte angesprochen werden sollen.
Ganz im Gegenteil: Sprechen Sie vorwiegend
die guten, positiven und schönen Seiten Ihres Partners an und vermitteln Sie
ihm Wertschätzung. Vielleicht notieren Sie einmal die kleinen und großen
schönen und liebenswerten Seiten Ihres Partners und überreichen diese Notizen
Ihrem Partner. Ebenfalls kann es sehr stärkend für die Beziehung sein,
gemeinsam die Schatztruhe der Beziehung zu füllen: Mit allen positiven
Erlebnissen, gemeinsam gemeisterten Problem und besonderen Stärken Ihrer
Beziehung.
Dazu gehört natürlich zunächst, dass Sie
diese im Alltag bemerken und nicht als Selbstverständlichkeit abtun!
Hierfür ist Achtsamkeit sehr bedeutsam. Achtsamkeit
ermöglicht Ihnen außerdem, behutsam mit dem Partner umzugehen und Aussagen zu
vermeiden, die den Partner verletzen. Sie gewinnen ein Gespür dafür, wo die
verletzlichen Seiten des Partners sind, was ihm gerade wichtig ist und wie es
ihm geht, um sich mit Rücksicht darauf einzustellen.
6
Pflegen Sie das aktive mitfühlende Zuhören
Die Bedeutung des aktiven Zuhörens kann man gar nicht überbewerten. Aktives
Zuhören alleine kann bereits sehr viel verbessern oder sogar das Problem lösen!
Aus Kampf wird Klärung und Verstehen. Bereits Carl Rogers hat in der von ihm
entwickelten Therapie-Methode die Relevanz des Zuhörens herausgestellt.
Hier einige Methoden des aktiven Zuhörens:
- Hören Sie Ihrem
Partner zu, ohne ihn zu unterbrechen, auch wenn Sie anderer Meinung sind.
- Bereiten Sie
während des Zuhörens nicht schon Ihre Argumentation vor, sondern hören Sie mit
aller Präsenz und Neugier zu. Sie erfahren gerade etwas sehr Wichtiges von
Ihrem Partner.
- Versuchen Sie, sich
in Ihren Partner hineinzuversetzen, um auch seine Gefühle zu verstehen.
- Formulieren Sie die
aus Ihrer Sicht wichtigsten Botschaften Ihres Partners in Ihren Worten und
sichern Sie so, dass Sie Ihren Partner auch wirklich verstanden haben. Durch
diese Rückformulierungen entwickelt Ihr Partner das Gefühl, verstanden worden
zu sein. Und oft geht es in erster Linie genau darum!
Aktives Zuhören ist die vielleicht wirkungsvollste Methode, um
Spannungen in der Paarbeziehung vorzubeugen bzw. beizulegen. Allerdings fällt
diese Methode vielen in der Umsetzung schwer, weil sie glauben, dass sie dann als
Verlierer des Gesprächs dastehen. Dieser Glaube lässt sie dann unerbittlich
diskutieren mit dem Ergebnis, dass die Kluft zwischen beiden immer größer wird.
Dann haben beide verloren. Gewinnen können Sie im Beziehungs-Gespräch nur dann,
wenn Sie durch das aktive und mitfühlende Zuhören gegenseitiges Verstehen und
Verständnis und gemeinsame Annäherung fördern.
Fazit: Es kann spannend und für die Lösung
hilfreich sein, die Sichtweise des Partners einmal zu erkunden und kennenzulernen.
Und oft ist dies sogar der Schlüssel zum Einlenken des Partners. Das aktive
empathische Zuhören sollte allerdings nicht als Werkzeug hierfür missbraucht
werden. Ihr Partner wird es bewusst oder unbewusst bemerken und es entsteht ein
erheblicher Vertrauensbruch. Nur echtes Interesse am Anderen und echte Neugier
für dessen Sichtweise hilft.
7
Vermeiden Sie den Schuld-Kreislauf
Der Schuld-Kreislauf ist erfahrungsgemäß
eines der beliebtesten Spiele zwischen Paaren. Hier geht es um die Frage, wer
angefangen hat, wer Schuld oder wer Recht hat. Diese Frage ist aber, glauben
Sie mir das bitte, (fast) nie zu beantworten. Beide Seiten haben auf die eine oder
andere Weise ihre Anteile. Mit diesem Verständnis für Konflikte und dieser
inneren Haltung ist es deutlich leichter, gemeinsam Lösungen und neue Wege zu
finden. Ansonsten drehen sich Konfliktgespräche im Kreis, beide Seiten bringen
immer wieder die gleichen Beschwerden und Argumente vor, gegenseitige kleinere
Beleidigungen folgen meist unbemerkt und der Kreislauf der Wiederholung findet
kein Ende. Es wird für beide Seiten frustrierend.
Hier ein „schönes“ Beispiele: der Mann sagt:
„Ich schweige und ziehe mich zurück, weil meine Frau immer so laut und heftig
nörgelt“. Die Frau sagt: „Mein Mann redet nicht mit mir und geht Gesprächen aus
dem Weg. Ich werde nur gehört, wenn ich so richtig laut werde“. Entscheiden Sie
selbst: Wer von beiden hat angefangen? Es wird sich kaum klären lassen. Beide
werden, egal wie weit man die Geschichte zurückverfolgt, ein Beispiel nennen,
dass noch früher stattgefunden hat. Und selbst wenn man es klären könnte: Welchen
Nutzen hätte es?
Dennoch ist der Schuldzirkel natürlich sehr
verlockend: man will selbst mit einer sauberen Weste dastehen. Und vielleicht
gewinnt man diese Redeschlacht sogar und geht als Gewinner daraus hervor. Was
die Paar-Beziehung angeht, verlieren aber beide!
Deshalb berücksichtigen Sie folgende
Aspekte, wenn es um die Schuldfrage geht:
- Erfahrungsgemäß
haben beide Partner an der Entstehung des Konflikts mitgewirkt und ihre
Anteile. Vermeiden Sie also das Opfer-Täter-Spiel!
- Beide Seiten haben
naturgemäß eine andere Sichtweise. Ihr Partner wird ein und die gleiche
Situation also evtl. ganz anders beschreiben als sie. Und das ist üblich. Das
mag nun für manchen Leser etwas merkwürdig klingen. Doch wer einmal als Zeuge
bei einem Unfall anwesend war, wird das vielleicht bestätigen: Fünf Zeugen
beschreiben offensichtlich fünf unterschiedliche Unfälle. Verabschieden Sie
sich also von der Idee, dass Ihre Wahrnehmung die einzig richtige ist. Wenn
dann noch die unterschiedlichen Interpretationen dieser unterschiedlichen
Wahrnehmungen dazu kommen, ist es verständlich, dass man sich über den Hergang
heftig streiten kann.
Entscheiden Sie sich deshalb für folgendes
Vorgehen:
- Versuchen Sie die
Sichtweise und Interpretation Ihres Partners zu ergründen. Nicht mit der
Intention herauszufinden, wie es wirklich war, sondern um Ihren Partner zu verstehen
und seine Sicht nachzuvollziehen.
- Schließen Sie dann
gemeinsam den Prozess der „Wahrheitsfindung“ ab. Sie stehen schließlich nicht
vor Gericht, sondern wollen Spannungen beilegen. Und dabei geht es mehr um das
gegenseitige Verstehen und die Wiederannäherung als um das Analysieren der
Situation!
- Ggf. hilft ein „Es
tut mir leid, wenn du das so erlebt hast, wenn das eine Verletzung bei dir
ausgelöst hat“ und ähnliche Äußerungen.
- Stellen Sie sich anschließend
gemeinsam konstruktive und zukunftsorientierte Fragen wie: Was sind Deine
Bedürfnisse? Was machen wir ab heute anders? Welche Lösungen und neuen Wege
bieten sich für die Zukunft an? Welchen Weg wollen wir gemeinsam gehen?
Erfahrungsgemäß lassen sich alle Spannungen abbauen
und Verletzungen ganz gut „versorgen“, wenn beide Seiten dazu bereit sind und
wollen. Das gemeinsame Wollen ist die entscheidende Voraussetzung.
8
Vermeiden Sie
Gewinner-Verlierer-Spiele
Wenn Sie und Ihr Partner die oben
aufgeführten Tipps beherzigen und die genannten Fallstricke vermeiden, schaffen
Sie die Voraussetzungen und Möglichkeiten, Konflikte konstruktiv zu lösen. Besonders
durch das aktive und mitfühlende gegenseitige Zuhören sorgen Sie für eine
wertschätzende, öffnende und positive Gesprächsatmosphäre. Und das ist die
Zauberformel für die Konfliktlösung: eine gute Beziehungsebene mit
gegenseitigem Verstehen, gemeinsamen Wollens, gegenseitiger Wertschätzung und mitfühlendem
Umgang mit den Verletzungen des anderen. Auf dieser Basis können Sie nun
gemeinsam nach Lösungen suchen. Hierbei sollte es nicht darum gehen, Ihre Lösungsidee
so weit wie möglich durchzudrücken versuchen. Nur wenn beide Seiten offen für
eine neue gemeinsame Lösung sind, vermeiden Sie Kampf und erreichen Sie ein
Wir-Gefühl.
Fazit
Spannungen und Konflikte in einer
Paar-Beziehung sind normal und wichtig. Wenn ein Paar bestehende Spannungen
offen anspricht, sind die Voraussetzungen für eine dauerhafte Partnerschaft
optimal. Wie sagt man so schön „Reibung erzeugt Wärme“.
Mit den hier vorgestellten Tipps lassen
sich Kritik- und Konfliktgespräche konstruktiv führen. Durch die gemeinsame
positive Erfahrung, dass das Durchstehen eines Konfliktes zu einem bessern
gegenseitigen Verständnis und einer intensiveren Beziehung führt, entwickeln
beide Partner noch mehr Zuversicht in die Beziehung.
Die Umsetzung der Tipps erfordert ein wenig
„Arbeit“. Destruktive Gespräche kommen mit weniger Wissen aus und fallen uns
leichter. Zugegeben, manchmal führt diese Gesprächsmethode auch zu einer
oberflächlichen Befriedigung: „Jetzt habe ich es dir aber gegeben“. Aber für
welchen Preis?
Zumindest in der Startphase erfordern die
genannten Tipps Disziplin. Rückfälle in alte Muster sind menschlich. Wenn Sie
solche Rückfälle bemerken, unterbrechen Sie lieber erst einmal das Gespräch und
besinnen sich wieder auf die Tipps.
Wenn beide Seiten wollen, lassen sich für
die meisten Spannung und Problem in der Paar-Beziehung gute Wege finden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der
Umsetzung und eine glückliche Beziehung mit gelegentlichen Spannungen. Jürgen Heinrich/Köln
Wenn Sie das Gefühl haben, alleine nicht
weiter zu kommen, ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung in Form
einer Paartherapie zu holen, z.B. bei www.gestalttherapie-jheinrich.de. Oder
besuchen Sie unser Seminar.
In unseren Seminaren beschäftigen wir uns
z.B. auch mit folgenden Themen:
- Was braucht ein
Paar? Die Säulen einer Partnerschaft
- Typischer Probleme
und Fallstricke für Paare
- Wie halten wir
unsere Beziehung im Alltag lebendig?
- Erwartungen an den
Partner: Wo sind die Grenzen?
- Herausforderung
Kind: Wie gestalten wir die neue Situation?
- Umgang mit
Konflikten: Konstruktiv miteinander streiten
- Machtspiele
- Außenbeziehung: Was
tun, wenn es zum Seitensprung kam?
- Umgang mit
Bindungsängsten
- Welche Auswirkungen
haben unsere frühen Erlebnisse und unsere Kindheit auf unser heutiges Verhalten
in der Beziehung?
- Wie können wir
beide unseren ganz eigenen Weg als Paar finden und gehen?
- Umgang mit unterschiedlichen
Vorstellungen über Beziehung und Werten
- Sexualität und
Liebe
- Vertrauen
entwickeln, Vertrauensverluste bearbeiten
- Individualität
erhalten in der Partnerschaft: Ich/Du/Wir-wie geht das?
- Beziehung stärken: Die
gemeinsame Biographie und Schatztruhe erstellen
- Vorstellung über
die Zukunft: Unsere Vision
- Hindernisse für ein
Einlassen auf Beziehung erkennen: Alte „Bremsen“ lösen
- Achtsamkeit und
Präsenz
- Selbstannahme als
Basis für Liebe
- Umgang mit Wut,
Aggression und Ärger
Siehe auch unter www.jetztleben.me das Seminar „Miteinander leben in Ehe, Beziehung, Partnerschaft“.
Die Seminare verstehen sich nicht als
Paartherapie, sondern ermöglichen es Paaren, sich in einer entspannten und
angenehmen Situation allgemein mit den Themen zu beschäftigen. Neben kurzen
Vorträgen bieten die Seminare die Möglichkeit zu Gesprächsrunden, praktischen
Übungen und Modulen zum Ausprobieren neuer Wege.
Wenn diese Themen interessant für Sie sind,
besuchen Sie eines unserer Seminare oder rufen Sie an. Teilen Sie mir auch
gerne Ihre Feedbacks zum obigen Artikel mit.
Kontaktdaten
Jürgen Heinrich
info@jetztleben.me
0221 463561
Lesetipp: Wenn Sie sich intensiver und allgemein mit dem Thema Störungen in der Kommunikation beschäftigen möchten, sind die Bücher von Professor Schulz von Thun empfehlenswert. Hier ein Link zu einem Aufsatz, in dem die wichtigsten Aspekte aus diesen Büchern zusammengefasst sind:
http://www.blueprints.de/artikel/kommunikation/schulz-von-thun.html